Seit dem 1. November 2012 müssen in den EU-Mitgliedstaaten verkaufte Reifen mit speziellen Aufklebern versehen werden. Die Label enthalten u. a. Angaben zur Kraftstoffeffizienz, zum Nassbremsverhalten und zum Rollgeräusch. Da dieses Thema sehr umstritten ist, haben wir uns dafür entschlossen, einen umfassenden Artikel zu verfassen, der erklärt, wie Reifenlabel zu lesen sind und was die verschiedenen Parameter für Autofahrer bedeuten.
Außerdem haben wir die am häufigsten gestellten Fragen gesammelt und Reifenexperten gebeten, sie zu beantworten. Mit ihrem Fachwissen geholfen haben:
- Tomasz Młodawski, Produktexperte von Michelin Polen,
- Justyna Banaszek, Markenmanagerin der Goodyear-Gruppe in Polen,
- Przemysław Trzaskowski von der Pressestelle der Firma Continental Opony Polska Sp. z o.o.
Innerhalb der EU verkaufte Neureifen sind mit Label gekennzeichnet.Reifenlabel – welche Angaben sind enthalten?
Die Idee hinter der Einführung des Labels war es, den Verbrauchern die verschiedenen Reifenparameter näher zu bringen und die Vergleichsmöglichkeiten zu verbessern. So können Autofahrer bewusst Modelle wählen, die sicherer und haltbarer sind und gleichzeitig für Fahrkomfort und Einsparungen bei den Betriebskosten sorgen. Dies wiederum dürfte die Hersteller, die den neuen Anforderungen ihrer Kunden gerecht werden wollen, zur Optimierung von Leistung und Nachhaltigkeit animieren.
Aus diesem Grund werden die Parameter auch deshalb auf den Reifenlabeln angegeben, damit die Hersteller alle Reifenparameter in gleichem Ausmaß im Blick behalten. Warum? Jedes Modell stellt einen gewissen Leistungskompromiss zwischen den Parametern dar. So kann beispielsweise ein geringerer Rollwiderstand die Nasshaftung verschlechtern, und eine höhere Sicherheit bei Regen führt zu einem lauteren Rollgeräusch.
Gleichzeitig wird erwartet, dass die Kennzeichnung von Reifen zur Verringerung des Verkehrslärms und der Umweltauswirkungen des Verkehrs führen wird.
Reifenlabel enthalten Angaben zu den folgenden Parametern:
- Energieeffizienz und Rollwiderstand des Reifens;
- Nasshaftung;
- Rollgeräusch;
- Schnee- und Eisgriffigkeit.
Die Reifenkennzeichnungen A, B, C bis E stehen für Rollwiderstand und Nasshaftung. Das Prinzip der Skala ist dasselbe wie bei den Energieeffizienzlabeln auf Haushaltsgeräten, wobei A die Bestnote ist. In Sachen Rollgeräusch können Reifenmodelle den Klassen A, B und C angehören.
Varianten der aktuellen Reifenlabel. Quelle: Europäisches Parlament
Efektywność energetyczna i opór toczenia opony
Energieeffizienz und Rollwiderstand des Reifens
Reifen mit geringem Rollwiderstand verbrauchen weniger Energie, so dass das Auto weniger Sprit verbrennt und weniger Abgase ausstößt. Je besser der Rollwiderstand, desto besser die Kraftstoffeffizienz der Reifen. Gleichzeitig verschlechtert sich jedoch die Haftung des Fahrzeugs auf nasser oder vereister Fahrbahn. Die Hersteller sind jedoch bemüht, die einzelnen Parameter auszugleichen. Der Rollwiderstand wird reduziert, indem die auf das Rad wirkenden Kräfte minimiert werden.
Nasshaftung
Ein Parameter, der eng mit der Fahrsicherheit zusammenhängt. Die Nasshaftung wird beim Bremsen auf einer nassen, befestigten Fahrbahn getestet, die bestimmte Kriterien erfüllt. Der Testwagen fährt auf einer geraden Strecke und beschleunigt auf eine Geschwindigkeit von 85 km/h, dann wird an einem vorher bestimmten Punkt die Bremse betätigt.
Geräuschpegel
Was bedeutet das C auf dem Reifen? Das externe Rollgeräusch von Reifen wird in Dezibel angegeben. Als laute Modelle gelten Reifen, die auf einer Skala von A bis C als C eingestuft werden. Dabei ist aber zu bedenken, dass selbst das lauteste Exemplar die geltende Norm nicht überschreitet. Die leisesten Reifen sind die umweltfreundlichsten.
Schnee- und Eishaftung
Das Label bietet auch Platz für Angaben über die Haftung bei winterlichen Bedingungen. Reifen, die die Anforderungen für das Fahren auf Schnee erfüllen, werden mit dem Alpine-Symbol (Schneeflocke vor einem Gebirgszug) gekennzeichnet. Das Piktogramm des Berggipfels hingegen kennzeichnet die so genannten nordischen Modelle, die sich gut auf Eis bewähren.
Die Labelpflicht gilt nicht für alle Reifen – welche Reifen sind nicht gekennzeichnet?
Alle nach dem 30. Juni 2012 produzierten Reifen müssen gelabelt sein, damit sie zum Verkauf zugelassen werden. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel.
Reifentypen, die von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind:
Reifen, die vor Juli 2012 hergestellt wurden, können ohne Label verkauft werden. Leider sind viele aus China importierte Reifen auch nach dem angegebenen Herstellungsdatum nicht mit Labeln gekennzeichnet. Allerdings ist es schwierig, dies zu kontrollieren und durchzusetzen. Von dem Kauf solcher Reifen raten wir ausdrücklich ab.
Produkte aus China weisen Qualitätsschwankungen auf und können besser oder schlechter ausfallen. Bei einem chinesischen Reifen mit Label dagegen können Sie sicher sein, dass er den europäischen Sicherheits- und Umweltanforderungen entspricht. Ein Reifen ohne die vorgeschriebene Kennzeichnung und mit unbekannter Herkunft kann gefährlich sein (aufgrund einer fehlerhaften Konstruktion, einer giftigen Gummimischung usw.) Wir raten Ihnen daher, Reifen nur bei zuverlässigen Händlern zu kaufen, die die Vorschriften nicht umgehen.
Reifenlabel aus Japan
Reifenlabel aus Südkorea
Neue Kennzeichnung seit dem 1. Mai 2021 – Reifenkennzeichnung A, B, C, D, E
Am 1. Mai 2021 ist ein neues Reifenkennzeichnungssystem in Kraft getreten. Die Änderungen sollen die Kennzeichnung transparenter machen, um den Verbrauchern eine fundierte Kaufentscheidung zu erleichtern.
Den größten Unterschied zwischen den alten und neuen Reifenlabeln stellen zusätzliche Parameter (Eignung auf Schnee/Eis) und in ein aufgefrischtes Design dar. Gleichzeitig wurde die Anzahl der Klassen für Kraftstoffeffizienz und Nasshaftung reduziert. Bisher umfasste die Skala die Buchstaben A bis F, mit Ausnahme von D. Seit Mai 2021 werden diese Parameter mit A, B, C, D, E gekennzeichnet.
Außerdem wurde die Darstellung des Geräuschparameters geändert. Neu ist auch ein QR-Code, der nach dem Scannen detailliertere Produktinformationen liefert.

Häufig gestellte Fragen – unsere Experten antworten
Warum wurden genau diese Parameter in das Reifenlabel aufgenommen, andere aber nicht?
Tomasz Młodawski, Michelin Polen: Das Hauptziel der Einführung der Verordnung war der Umweltaspekt, d. h. die Verringerung der CO2-Emissionen und des Straßenlärms durch die bewusste Wahl der Reifenparameter durch die Käufer. Die Nasshaftung wurde in das Label aufgenommen, da sie eindeutig mit dem Rollwiderstand korreliert. Das zweite Hauptziel war der wirtschaftliche Aspekt. Es geht darum, die Einfuhr von minderwertigen Produkten aus dem außereuropäischen Ausland zu stoppen, was messbare Auswirkungen auf die europäische Reifenproduktion und die damit verbundenen Beschäftigungszahlen hat.
Justyna Banaszek, Goodyear Polen: Die Ziele der Gesetzgeber waren in erster Linie die Verbrauchersicherheit und der Umweltschutz. Bei den Parametern auf dem Label handelt es sich um Durchschnittswerte und Teilinformationen, die eine sehr vorläufige Bewertung des Reifens ermöglichen und die Hersteller motivieren, hart an der weiteren Verbesserung ihrer Produkte zu arbeiten. Goodyear testet jeden Reifen auf mindestens 50 Parameter, bevor er an die Autofahrer ausgeliefert wird. Deshalb weisen unsere Reifen in allen sicherheitsrelevanten Bereichen hohe Leistungen auf.
Przemysław Trzaskowski, Continental Opony Polska: Das Reifenlabel reduziert die Eigenschaften des Reifens auf ausgewählte Kriterien, so dass die Informationen auf dem Label nur zu einer ersten Beurteilung des Produkts beitragen können.
Sind die Labelwerte für alle Größen des jeweiligen Reifenmodells gleich?
Die Reifenlabel enthalten unterschiedliche Ergebnisse für dieselben Reifenmodelle. Die Werte hängen von Größe, Geschwindigkeitsindex, Trägheitsindex, Verwendungszweck (Erstausstattung vs. Ersatzmarkt) ab. Es ist unmöglich, ein Universalmodell herzustellen, das in jeder Größe und für jedes Fahrzeug geeignet ist. Einige Reifen zeigen ihre besten Eigenschaften bei 13-, 14- oder 15-Zoll, andere bei 17-, 18- oder 19-Zoll. Es ist sehr schwierig, Reifen mit den gleichen Eigenschaften in jeder Größe herzustellen. Zumindest bisher.
Siehe Michelin Energy Saver Reifenparameter für die Größe 195/65 R15:
Reifengröße, Indexe und Zulassung | Rollwiderstand der Reifen – Kennzeichnung | Nasshaftung – Kennzeichnung | Externes Rollgeräusch – Dezibel |
---|
195/65 R15 91 T, S1 | C | B | 70 dB |
195/65 R15 91 T, MO | B | A | 70 dB |
195/65 R15 91 T, G1 | E | A | 70 dB |
195/65 R15 91 H, S1 | C | A | 70 dB |
195/65 R15 91 H, MO | B | A | 70dB |
195/65 R15 91 H, AO | C | B | 70 dB |
195/65 R15 91 V, MO | C | A | 70 dB |
Die Kennzeichnungen S1, MO, G1, AO usw. sind die Zulassungskürzel der jeweiligen Automobilhersteller. Natürlich gibt es Beispiele für Reifen, bei denen alle Produkte einer Reihe die gleiche Kennzeichnung haben (z. B. Michelin Primacy 3) – diese Reihe wurde eigens für die Labels neuentwickelt.
Die Bewertungen auf den Labels sind auf die jeweilige Größe, den Index und die Zulassung abgestimmt. Diese Lösung ist logisch, da sie den bauartbedingten Unterschieden zwischen den Reifen Rechnung trägt. So können Sie den Reifen besser auf Ihr Fahrzeug abstimmen und eine fundierte Wahl treffen.
Wie lassen sich verschiedene Reifen mit denselben Klassen auf den Reifenlabels vergleichen?
Tomasz Młodawski, Michelin Polen: Bei Winterreifen kann das schwierig werden. Preiswerte Reifen können auf dem Label sogar besser aussehen als Modelle von Premiummarken! Bei Sommerreifen mit identischen Parametern auf dem Reifenlabel können folgende Unterschiede vorliegen:
- Kilometerleistung (sogar um das Doppelte),
- Haftung auf trockener Fahrbahn,
- Kurvenhaftung auf trockener und nasser Fahrbahn (nach Maßgabe der EU-Verordnung findet der Bremstest auf einer geraden Straße statt),
- Abnutzung der Lauffläche (unregelmäßige Formen beschleunigen die Abnutzung und erhöhen den Geräuschpegel),
- Alterungsgeschwindigkeit der Gummimischungen.
Um Reifen umfassend zu bewerten und zu vergleichen, sind die Testergebnisse der übrigen Parameter durch professionelle Kfz-Prüforganisationen erforderlich: ADAC, TÜV SÜD Automotive, DEKRA, IDIADA.
Justyna Banaszek, Goodyear Polen: Auf dem Reifenlabel sind nur wenige Parameter angegeben, und es ist zu bedenken, dass in der Regel etwa 15 Parameter getestet werden – entweder in Tests in den Medien oder von Verbraucherorganisationen und Forschungsinstituten (z. B. TÜV SÜD). Goodyear testet jeden Reifen auf mindestens 50 Parameter, bevor er auf den Markt gelangt.
Produkte, die sich auf den ersten Blick sehr ähnlich sind, können sich erheblich unterscheiden. Bei der Auswahl eines Reifens für ein Fahrzeug muss berücksichtigt werden, dass jeder Fahrer einen anderen Fahrstil,, ein anderes Auto und andere Bedürfnisse hat, sowie auf unterschiedlichen Fahrbahnen eine individuelle Kilometerzahl pro Jahr zurücklegt. Damit man als Fahrer mit den Reifen zufrieden sein kann, sollten mehr als drei Parameter berücksichtigt werden. Und es lohnt sich auch, den Rat eines autorisierten Reifenservices einzuholen.
Beeinflusst der Herstellungsort von Reifen die auf dem Label angegebene Leistung?
Zwei Reifen derselben Größe und mit denselben Indexen, die für denselben Markt bestimmt sind, aber an verschiedenen Standorten hergestellt werden, sollten dasselbe Leistungsniveau haben. Die führenden Hersteller, die Fabriken in der ganzen Welt betreiben, stellen sicher, dass die Identität der von ihnen produzierten Reifen unabhängig vom Herstellungsort gewahrt bleibt.
Dank der heutigen Produktionsmethoden unterscheiden sich Reifen desselben Modells, derselben Größe und derselben Indexen in ihren Leistungen nicht. Wenn Sie etwa 4 Reifen der Marek Michelin kaufen und ein Paar in Frankreich und das andere in einem anderen Land hergestellt wurde, brauchen Sie sich keine Gedanken über Unterschiede zu machen – die Reifen sind identisch.
Die Label für ein und dasselbe Reifenmodell weisen je nach Größe, Index und Zulassung unterschiedliche Klassen auf.
Welche Bedeutung haben die auf den Reifenlabels angegebenen Werte für den Autofahrer?
ROLLWIDERSTAND
Der Rollwiderstand wirkt sich zwar auf den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs aus, aber je geringer er ist, desto schlechter ist die Nasshaftung. Jeder Fahrer hat das Recht, eine individuelle Entscheidung zu treffen und die Parameter zu wählen, die für ihn am wichtigsten sind.
Es ist wichtig zu wissen, dass der Rollwiderstand nur einer von mehreren Faktoren ist, die für den Kraftstoffverbrauch des Autos verantwortlich sind. Der Spritverbrauch wird auch durch den Fahrstil, den Reifendruck und die Eignung der Reifen für die vorherrschenden Wetterbedingungen beeinflusst.
BREMSEN AUF NASSER FAHRBAHN
Das Nassbremsverhalten ist ein wichtiger Parameter für die Verkehrssicherheit und gibt Aufschluss über die Haftung eines bestimmten Reifens. Eine Studie von Forschern der Technischen Universität Dresden hat ergeben, dass 70 Prozent der Unfälle auf nasser Fahrbahn passieren. Daher muss ein guter Reifen auch unter diesen Bedingungen funktionieren und die Label sollen die Hersteller dazu motivieren, ihre Produkte ständig zu verbessern.
Die Reifenklassen A, B, C (beworbene Klassen) stehen sinngemäß für bessere Modelle als die Klassen mit den Buchstaben D und E, d.h. die derzeit schwächsten Kategorien. Bis 2021 wurden Pkw-Reifen nicht in die Klasse D eingestuft, da die Haftungstabelle keine entsprechenden Zahlenbereiche vorsah.
In der Praxis konnte es daher vorkommen, dass ein Reifen der Klasse C Werte aufwies, die der Klasse E nahe kamen. Das Fehlen der D-Klasse für Pkw-Reifen sollte die leistungsstärkeren Reifen von den leistungsschwächeren abgrenzen. Der Unterschied beim Bremsweg zwischen der besten und der schlechtesten Haftungsklasse betrug bis zu 18 Meter, und schon ein Unterschied von 4 bis 5 Metern kann reichen, dass eine Notbremsung vor einem Fußgängerüberweg misslingt. Es lohnt sich, dies beim Reifenkauf zu bedenken.
EXTERNES ROLLGERÄUSCH
In der Kategorie externes Rollgeräusch wird nicht nur die A-B-C-Klassifizierung angegeben, sondern auch die Dezibelzahl, die das vom Reifen während der Fahrt erzeugte Geräusch ausdrückt. So mag beispielsweise der Unterschied zwischen 75 dB und 72 dB unbedeutend erscheinen. In Wirklichkeit bedeutet ein Unterschied von 3 dB die Halbierung der Geräuschintensität.
Das Problem ist, dass für den Autofahrer das Innengeräusch in der Kabine wichtiger ist. Bei längeren Fahrten kann sich dies auf die Müdigkeit und damit auch auf den Komfort und die Sicherheit auswirken. Die Angaben auf dem Reifenlabel über das externe Rollgeräusch sind eher als Implementierung der EU-Umweltpolitik zu verstehen.
SCHNEE- UND EISGRIFFIGKEIT
Wenn der Reifen das 3PMSF-Alpine-Zeichen auf der Seitenwand und auf dem Label trägt, d.h. eine Schneeflocke vor einem Gebirgszug, bedeutet dies, dass er die notwendigen Tests zum Nachweis seiner Wintertauglichkeit bestanden hat. Das Symbol ist sowohl auf typischen Wintermodellen als auch zunehmend auf Ganzjahresmodellen zu finden.
Das Berggipfel-Piktogramm hingegen ermöglicht die Unterscheidung zwischen Reifen, die für den Einsatz in Ländern bestimmt sind, in denen im Winter eine gute Traktion auf verschneiten und nassen Straßen entscheidend ist, und solchen, die das sichere Fahren unter schwierigsten Bedingungen gewährleisten sollen.
Achtung!
Reifenlabel enthalten wertvolle Hinweise, aber sie sind nur eine von vielen Informationsquellen, die vor dem Reifenkauf berücksichtigt werden sollten. Es lohnt sich auch, Ratgeberartikel zu lesen, Reifentestergebnisse heranzuziehen und die Bewertungen anderer Nutzer zu lesen. So können Sie sich ein vollständiges Bild von dem betreffenden Modell machen und die beste Wahl treffen.
Was ist mit den Leistungen, die auf den Reifenlabeln fehlen? Haben die fehlenden Werte Einfluss auf die Sicherheit?
Die auf den Labeln angegebenen Werte sind zwar wichtig, aber dennoch gibt es auch weitere Parameter, die beim Reifenkauf berücksichtigt werden sollten. So enthalten Reifenlabel etwa keine Informationen über Eigenschaften wie z. B.:
- Bremsen auf trockener Fahrbahn,
- Verschleißfestigkeit,
- Fahren bei Nässe,
- Fahrkomfort (Lärmpegel im Fahrzeuginneren),
- Resistenz gegen Aquaplaning,
- Zusammensetzung der Gummimischung (Vorhandensein/Fehlen von schädlichen aromatischen Ölen).
Die Reifensicherheit wird von mehr als einem Dutzend verschiedener Parameter beeinflusst, die bei der Konstruktion berücksichtigt werden. Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) unterscheidet insgesamt 11. Automobilverbände (z. B. ADAC) oder Fachzeitschriften untersuchen in ihren Tests immer nur eine Handvoll Werte. Es reicht nicht aus, sich beim Kauf von einem einzigen sicherheitskritischen Parameter leiten zu lassen (im Falle des Reifenlabels das Nassbremsverhalten).
Bedenken Sie, dass alle Reifenparameter von Bedeutung sind und sich auf die Sicherheit, den Komfort oder die Kosten der Nutzung auswirken.
Was ist der Unterschied zwischen Reifenlabeln bei Winter- und Sommerreifen?
Tomasz Młodawski, Michelin Polen: Die Reifenindustrie sieht es einstimmig als großen Fehler an, dass das Europäische Parlament die gleichen Bewertungskriterien für die Kennzeichnung von Winterreifen angenommen hat. Es muss betont werden, dass die auf dem Label von Winterreifen angegebenen Werte in keiner Weise die Leistung unter winterlichen Bedingungen oder die an einen solchen Reifen gestellten Anforderungen widerspiegelt.
Die auf dem Winterreifenlabel angegebenen Leistungen wie Rollwiderstand, Haftung auf nassem Asphalt bei Plusgraden und externes Rollgeräusch sind nicht die Hauptkriterien für die Wahl von Winterreifen. Es werden auch andere Anforderungen an derartige Reifen gestellt: Haftung auf kaltem, nassem oder trockenem Asphalt, Schnee- und Eisgriffigkeit, Traktion und stabiles Fahrverhalten.
Das Label eines Winterreifens gibt Aufschluss über seine Leistung unter Sommerbedingungen. Daraus lässt sich folgern, dass es sich nicht lohnt, halbwegs neue Winterreifen im Sommer zu verwenden, da sie den Kraftstoffverbrauch erhöhen, Lärm verursachen und die Haftung auf nasser Fahrbahn verringern. Die Michelin Gruppe hat bereits damit begonnen, die Bedingungen für die Prüfung von Winterreifen zu ändern und eine neue Leistungsklasse für winterliche Bedingungen einzuführen: Schnee/Eis.
ROLLWIDERSTAND: Die Bewertung basiert auf Messungen, die sowohl für Sommer- als auch für Winterreifen bei Temperaturen von 25 °C durchgeführt wurden; die Klasse spiegelt daher nicht den Rollwiderstand in den kalten Monaten wider. Je weicher der Winterreifen, je dichter und tiefer die Einschnitte und je aggressiver das Reifenprofil, desto höher der Rollwiderstand.
BREMSEN AUF NASSER FAHRBAHN: Die Bewertung beruht ebenfalls auf Messungen bei Plustemperaturen. Sehr weiche Winterreifenmischungen mit einem dicht geschnittenen Reifenprofil werden bei niedrigen Temperaturen keine guten Ergebnisse erzielen.
ROLLGERÄUSCH: Die Bewertung von Sommer- und Winterreifen erfolgt nach identischen Kriterien bei Temperaturen von knapp 20°C, was ebenfalls nicht repräsentativ für die Fahrbahnverhältnisse im Winter ist, die sich bekanntermaßen deutlich von der im Sommer unterscheidet. Die für Winterreifen erzielten Ergebnisse sind nicht repräsentativ für das Rollgeräusch im Winter, da die Laufflächenmischung ihre Eigenschaften in Abhängigkeit von der Temperatur verändert.
Justyna Banaszek, Goodyear Polen: Die Reifenlabel wurden entwickelt, um dem Verbraucher/Kunden eine erste Einschätzung der Reifen zu ermöglichen. Beim Reifenkauf, auch bei Winterreifen, lohnt es sich jedoch, eine breitere Palette von Parametern zu berücksichtigen als die von der EU angegebenen.
Werden sich andere Reifenparameter auf Kosten der Leistung auf den Labeln verschlechtern?
Tomasz Młodawski, Michelin Polen: Das Motto der Michelin-Gruppe ist die Ausgewogenheit der erzielten Werte. In der Praxis bedeutet dies, dass wir bei neuen Produktreihen ausgewählte Leistungsparameter verbessern, während wir die anderen auf demselben Niveau halten. Im Zusammenhang mit dem Reifenlabel wurden unsere neuen Produktreihen in Bezug auf den Rollwiderstand verbessert, während die Nass- und Trockenhaftung sowie die Laufleistung auf dem bereits bekannten beeindruckenden Niveau gehalten wurden.
Justyna Banaszek, Goodyear Polen: Goodyear berücksichtigt bei der Entwicklung jedes Reifens vor allem die Sicherheit der Fahrer und Fahrzeugnutzer. Es ist nicht einfach, die Leistung zu verbessern, ohne einzelne Parameter zu verändern. Das ist ein mühsamer und zeitaufwändiger Prozess, aber unsere Ingenieure in den Innovationszentren in Europa und den USA arbeiten intensiv an den besten Sicherheitslösungen.
Przemysław Trzaskowski, Continental Opony Polska: Der Reifen ist eines der wichtigsten Teile eines Autos und hat zentrale Bedeutung für die Sicherheit von Fahrer und Passagieren. Unsere Aufgabe besteht also in erster Linie darin, die sichersten und in vielerlei Hinsicht am besten ausbalancierten Reifen herzustellen, und die Ergebnisse auf den Reifenlabeln sind nur ein Bruchteil dessen, was wir tun.
Die Nasshaftung ist sowohl im Sommer als auch im Winter ein wichtiger Parameter.
Wie testen die Hersteller Reifen, um Parameter für die Label zu erhalten?
Die Reifen werden nach streng definierten Prüfverfahren getestet, die in der Verordnung (EU) 2020/740 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Kennzeichnung von Reifen in Bezug auf die Kraftstoffeffizienz und andere Parameter sowie in der Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa enthalten sind: „Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes“.
Ändern sich die Werte auf dem Label für ein bestimmtes Reifenmodell jedes Jahr?
Wenn ein bestimmtes Reifenmodell während der Produktion nicht verändert wird (insofern die Änderungen das Leistungsniveau so stark beeinflussen könnten, dass sich die zugewiesene Klasse in einem der Kennzeichnungskriterien ändern würde), ist es nicht erforderlich, die Prüfungen zu wiederholen und neue Klassen zu vergeben.
Es obliegt jedoch den Herstellern, die ursprünglich vergebenen Noten regelmäßig zu bestätigen. Sie müssen sicherstellen, dass der Reifen bei einer Konformitätsprüfung (COP), die von den Behörden eines beliebigen Mitgliedstaates durchgeführt werden kann, keine schlechteren Noten erhält als zum Zeitpunkt der Zertifizierung.
Warum gab es keine Klasse D auf den Labeln für Pkw-Reifen?
Tomasz Młodawski, Michelin Polen: Die Anzahl der Klassen und die Verwendung der leeren Klasse D wurden vom Europäischen Parlament festgelegt. Diese Tatsache ist auf ähnliche Projekte zurückzuführen, die sich in der EU bereits bewährt haben, z. B. bei Haushaltsgeräten. Die leere Klasse D soll den Unterschied in der Anzahl der Klassen zwischen der besten und der schlechtesten Klasse vergrößern. Diese Maßnahme sollte das Bewusstsein der Käufer schärfen und sie dazu bringen, sich für bessere Leistungen zu entscheiden.
Justyna Banaszek, Goodyear Polen: Bei Pkw-Reifen war die Kategorie D sowohl in Bezug auf den Rollwiderstand als auch auf die Nasshaftung „leer“. Nach Maßgabe der EU-Verordnung 1222/2009 wurden ihr keine Werte zugewiesen.
Przemysław Trzaskowski, Continental Opony Polska: In der bisherigen EU-Verordnung wurden für den Buchstaben D in der Tabelle der Kraftstoffeffizienz- und Nasshaftungsklassen keine Werte vergeben. Auf diese Weise wird zwischen Reifen unterschieden, die in einer bestimmten Kategorie eine höhere Leistung erzielen, und solchen mit geringerer Leistung.
In welchem Zusammenhang stehen die Ergebnisse von Reifentests mit den Reifenlabeln?
Das Aufkommen von Reifenlabeln hat die Position der unabhängigen ADAC- oder Pressereifentests nicht geschwächt. Ihre Bedeutung hat sogar noch zugenommen, denn sie liefern nicht nur fehlende Informationen zu den verbleibenden Werten, sondern sind auch ein zusätzliches Instrument zur Überprüfung der auf den Reifenlabels enthaltenen Angaben.
Haben die Labels die Reifenpreise in die Höhe getrieben?
Tomasz Młodawski, Michelin Polen: Bei den großen Reifenherstellern generiert die Angabe der Leistungen auf dem Reifenlabel keine Zusatzkosten, denn bisher wurden die Werte ohnehin gemessen, aber nicht veröffentlicht. Bei weniger bekannten und preisgünstigen Marken können die Leistungstests jedoch zu einer Erhöhung des Preises führen. Die Einführung der Reifenlabels führt sicherlich zu einem Wettbewerb zwischen den Herstellern in diesem Bereich, was zusätzliche Investitionen in Forschungs- und Entwicklungszentren zur Folge haben kann.
Justyna Banaszek, Goodyear Polen: Der Preis eines Reifens wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter die Rohstoffkosten auf den Weltmärkten, die Verfügbarkeit und das Preisniveau von Erdölkomponenten, Währungsschwankungen usw. Die Ausgaben im Zusammenhang mit der obligatorischen Kennzeichnung von Reifen in der Europäischen Union sind ein Bestandteil des Reifenpreises, ebenso wie beispielsweise Investitionen in neue Technologien oder innovative Lösungen.
Przemysław Trzaskowski, Continental Opony Polska: Unser Unternehmen investiert weiterhin in die Forschung und Entwicklung neuer Technologien. Wir verfügen über eines der modernsten F&E-Zentren in Europa. Im Juni 2012 haben wir für 1,4 Millionen Euro einen hochmodernen Computertomographen in Betrieb genommen, mit dem unsere Reifen noch genauer untersucht werden können. Bevor ein neues Produkt auf den Markt kommt, wird es immer umfassend auf Rollwiderstand, Rollgeräuschemissionen, Bremsverhalten auf verschiedenen Fahrbahntypen und viele andere Parameter geprüft und getestet. Die Einführung der Reifenlabels hat also keine Auswirkungen auf die Preise unserer Produkte.
Die Kennzeichnungspflicht stellt eine zusätzliche Belastung für Hersteller und Händler dar, hat aber keine nennenswerten Auswirkungen auf das Preisniveau. Der Preis ist nach wie vor ein wichtiges Instrument zur Kundenakquise, insbesondere im Segment der Economy-Class-Reifen. Die Labels sind also mit Kosten verbunden, aber diese sind nicht so hoch, dass sie die Reifenpreise in die Höhe treiben.
Label auf Lkw-Reifen
Lkw-Reifen werden aufgrund ihrer unterschiedlichen Einsatzzwecke in verschiedene Typen unterteilt:
Fernverkehr – Beförderung von Gütern mit Zugmaschinen und Anhängern über große Entfernungen, meist auf Autobahnen, mit konstanter Geschwindigkeit und einer geringen Anzahl von Wendemanövern. Fahrer, die in diesem Bereich tätig sind, schätzen vor allem den geringen Rollwiderstand und kurzen Bremsweg auf nasser Fahrbahn. Die auf dem EU-Label angegebene Leistung ist bei der Auswahl von Reifen für den Fernverkehr sehr hilfreich.
Regionaler Transport und Vertrieb – hier steht der Mittel- und Langstreckenverkehr mit häufigen Stopps im Mittelpunkt. Das Fahren im städtischen Raum bringt es mit sich, dass der Reifen ständig Seitenkräften ausgesetzt ist und häufig auf beschädigten Straßenbelägen fährt. Für den regionalen Transport und Vertrieb werden Fahrzeuge in verschiedenen Konfigurationen eingesetzt. Reifen dieses Typs müssen eine hohe Laufleistung, Ganzjahreseignung, hohe Widerstandsfähigkeit gegen Beschädigungen und erst in zweiter Linie eine gute Nasshaftung und Energieeffizienz aufweisen. Der Aspekt der Lebensdauer und Runderneuerbarkeit von Reifen ist sehr wichtig. Und deshalb enthalten die Label auf diesem Reifentyp nur wenige nützliche Informationen.
Gemischter Verkehr und Baugewerbe – unterschiedliche Konfigurationen, meist werden mittlere bis lange Strecken zurückgelegt, wobei etwa 10 % der Fahrten auf unbefestigtem Untergrund stattfinden, einschließlich sehr schwieriger Bedingungen. Die wichtigsten Eigenschaften von Reifen, die bei dieser Art von Transport zum Einsatz kommen: Eignung für weiche Böden, lange Lebensdauer (Reifen für Kipplader, Betonmischer). Besonders wichtig sind hier eine gute Traktion auf unbefestigtem Untergrund, Runderneuerbarkeit und die Laufleistung. Die Angaben zum Bremsweg auf nasser Fahrbahn auf dem Label sind nützlich, aber andere Parameter wie die Kraftstoffeffizienz oder der Rollgeräusch sind von weitaus geringerer Bedeutung.
Stadt- und Kommunalverkehr – ständiges Anhalten und Fahren mit niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten. Es kommt häufig zu Reifenwandabschürfungen und einwirkenden Seitenkräften. Vor allem bei Hybridfahrzeugen treten häufig hohe Drehmomente auf, und die Reifen von Stadtfahrzeugen werden mit stark variierenden Lasten eingesetzt. Die wichtigsten Eigenschaften von Reifen für diesen Transporttyp sind eine hohe Laufleistung, Widerstandsfähigkeit gegen Beschädigungen und – wenn auch weniger wichtig – eine gute Nasshaftung und Runderneuerungsfähigkeit. Bei der Auswahl von Reifen dieses Typs sind nur zwei Parameter auf dem Label wichtig – der Grip und das externe Rollgeräusch (da sie in der Stadt eingesetzt werden).
Winterverkehr – kann mit sehr niedriger Haftung einhergehen. Die Straßen können abwechselnd nass, trocken, verschneit und vereist sein, und es werden alle Arten von Nutzfahrzeugen für den Transport eingesetzt. Reifen, die für diese Art von Transport verwendet werden, müssen sich durch eine gute Traktion und Haftung auf Schnee und Eis auszeichnen. Laufleistung, Nasshaftung, Kilometerleistung und Kraftstoffverbrauch sind auch in diesem Fall sehr wichtig. Die Parameter, denen die Hersteller besondere Aufmerksamkeit schenken, sind jedoch die, die mit der Traktion zusammenhängen. Daher erleichtern die Änderungen bei der Reifenkennzeichnung in diesem Fall sicherlich die Wahl.
Lkw-Reifenlabel enthalten viele wertvolle Informationen für die Fahrer.Die oben beschriebenen Situationen zeigen einmal mehr, dass die Label nur eine von vielen, aber nicht die einzige Informationsquelle sein sollten. Ein uninformierter Kunde entscheidet sich sonst möglicherweise für ein Produkt, das dem Label nach hochklassig scheint, und in der Praxis stellt sich dann heraus, dass die Reifen unter den für den Fahrer wichtigsten Gesichtspunkten (die durch die Art des Verkehrsmittels bestimmt werden) nur mangelhaft funktionieren.
Zusammenfassung
Beim Kauf eines Kühlschranks etwa sollten Sie sich nicht ausschließlich auf das Label verlassen. Um mit dem gekauften Gerät später rundum zufrieden zu sein, sollten Sie auch die anderen Parameter kennen. Das Gleiche gilt für Reifen.
Die Label sollen die Hersteller dazu motivieren, Reifen mit nachhaltiger und guter Leistung zu produzieren. Obwohl die neuen Modelle jedes Jahr besser werden, ist der Weg zur Perfektion noch weit. Bei den Reifenlabeln ist deshalb etwas Vorsicht geboten.
Prof. Egon-Christian von Glasner, Präsident der Europäischen Vereinigung für Unfallforschung und Unfallanalyse, erklärt das so:
Der Reifenkäufer sieht zunächst den grünen Buchstaben „A“, den er von Kühlschränken kennt, und denkt, er habe einen guten Reifen gekauft. Die Zahl der billigen und gleichzeitig umweltfreundlichen Reifen ist jedoch sehr begrenzt. Aber das weiß der Käufer in dem Moment nicht. Schlimmstenfalls hat er einen Reifen gekauft, mit dem er sein Auto bei Nässe nicht mit dem kürzesten Bremsweg zum Stehen bringen kann. Um es klar zu sagen: Ein Reifen trägt zu einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch bei, wenn der Rollwiderstand des Fahrzeugs und insbesondere des Reifens gering ist, aber dann bremst der Reifen auf nasser Fahrbahn weniger gut.
Die Reifenlabel dienen deshalb nur zur Veranschaulichung. Die beste Wahl beim Reifenkauf treffen Sie, indem Sie Informationen aus verschiedenen Quellen heranziehen: Reifenlabel, Reifentests, Bewertungen anderer Nutzer und Gespräch mit dem Fachhändler.